Um Zeit und Kosten bei der Entwicklung eines elektronischen Gerätes zu sparen, sollte man sich vor Start des Projektes einen Überblick über den Projektrahmen schaffen.
Die folgenden Fragestellungen sollen diesbezüglich eine Hilfe darstellen:
Welchen internen Namen soll das Projekt tragen?
Auch wenn diese Frage auf den ersten Blick sinnfrei erscheint, hat sie ihre wichtige Berechtigung.
Ein Projekt sollte unbedingt einen einheitlichen Projektnamen und oder Projektnummer besitzen, unter dem alle Recherchen, Anfragen, Produktionen usw. abgehandelt werden.
Der interne Name muss dabei nicht dem Markennamen im Vertrieb entsprechen.
Vielmehr ist es wichtig, jede gesammelte oder erstellte Information dem Projekt in der jeweiligen Revision zuordnen zu können.
Trägt ein Projekt keinen einheitlichen Namen und Sie fragen beispielsweise eine Produktion der Version 1.2 unter einem andern Namen, als die Produktion der Version 1.3 kann es dazu führen, dass Informationen und damit bereits getätigte Verbesserungen verloren gehen, Preise neu kalkuliert werden usw.
Ebenso ist die einheitliche Dokumentation und Zuordnung von Revisionen für die spätere Erfüllung der CE Konformität unabdingbar.
Welchen Handels-/Markennamen soll das Produkt tragen?
Diese Frage zielt auf die marktwirtschaftliche Betrachtung eines Produktes.
Eine rechtzeitig definierter Handels- oder Markenname des Produktes kann im positiven Sinne in das Design oder in die Entwicklung des Produktes eingehen und somit den Wiedererkennungseffekt deutlich erhöhen.
Wie lautet die Kurzbeschreibung des Projektes?
Selbstverständlich wissen Sie, was Ihr Projekt beinhaltet. Allerdings werden Sie im Zuge der Umsetzung einer Vielzahl an Partnern, Dienstleistern oder Zulieferern in kurzen, verständlichen Worten erklären müssen, worum es geht.
Daher ist man gut angeraten diese Frage vor Projektstart zu stellen, damit die Antwort sofort parat ist, wenn Sie sie brauchen.
Wie wird das Projekt im Detail beschrieben?
Beantworten Sie diese Frage, um in den nächsten Schritten die Umsetzung Ihrer Produktidee auf den Punkt bringen zu können.
Formulieren Sie dabei Funktionen, die Ihr Produkt haben muss, solche, die man gerne mit hätte und solche die nicht nötig oder sogar bewusst nicht gewollt werden, also:
must have
Diese Funktionen müssen in Ihrem Produkt umgesetzt werden.
should have
Funktionen, die als wichtig, aber nicht essentiell betrachtet werden, kommen in diese Kategorie.
Hier sollte vor Projektstart das Kosten/Nutzenverhältnis betrachtet werden, um final zu entscheiden, ob die entsprechende Funktion realisiert wird oder nicht.
nice to have
Diese Funktionen wären interessant, müssen allerdings nicht zwingend implementiert sein.
Sind diese Funktionen einfach umzusetzen oder sind sogar ein Beifang einer anderen Funktion, werden diese mit einbezogen.
will not have
In diese Kategorie gehören Funktionen, die nach dem aktuellen Wissensstand unnötig sind.
Eine Definition solcher Funktionen ermöglicht es in den weiteren Schritten bei technischen Entscheidungen klar Ausschlüsse zu definieren und damit die Umsetzung zeitlich und finanziell effektiv zu halten.
Welchen Nutzeffekt ergibt sich durch das Produkt?
Diese Frage geht in Richtung Marketing, Erschließung von Fremdkapital und ähnlicher Verwendung.
Auch hier gilt es, in kurzen verständlichen Worten mitteilen zu können, warum es sich lohnt, Ihr Projekt zu unterstützen oder zu vermarkten.
Wer ist der Nutzer eines Produktes?
Die Eigenschaften der Nutzergruppe bestimmen in vielen Bereichen zumidnest in Feinheiten die Wahl der technischen Lösung.
Aus diesem Grunde ist es sehr wichtig, sich vor Projektbeginn Gedanken darum zu machen, wer der eigentliche Nutzer oder Bediener Ihres Produktes ist.
Beispiel-Teilfragen wären hierbei:
Ist die Nutzergruppe eingeschränkt? Zum Beispiel durch besondere Berechtigngen, bestimmte Schulungen, die als Voraussetzung dienen?
Hat die Nutzergruppe typische körperliche oder geistige Eigenschaften – z.B. wird ein Produkt sicher von Kindern anders bedient, als von jungen Erwachsenen oder Rentnern und muss in der Art der Bedienoberfläche darauf eingestellt sein.
Die Definition der Nutzergruppe ist daher sehr wichtig für die passende Umsetzung Ihrer Produktidee.
Unter welchen (Umwelt)Bedingungen wird das Produkt eingesetzt?
Ein Beispiel:
Ein Produkt, welches in der Industrie im Außenbereich eingesetzt wird unterliegt anderen technischen Anforderungen, als eines, welches als Konsumer-Produkt in der wohltemperierten Wohnung eingesetzt wird.
Mit diesem Hintergrund sollten die Randbedingungen des Einsatzortes der zu entwickelnden Elektronik dokumentiert werden.
Üblicherweise geht es um Parameter wie;
- Temperatur
- Feuchtigkeit
- Luftdruck
- Vibration, Stoßfestigkeit
- Staub/Wasserschutz
- Sonneneinstrahlung
Die Festlegung dieser Parameter dienen später als Voraussetzung für die Wahl der richtigen Bauteile und Technologien.
Welche Normen muss ein elektronisches Gerät erfüllen?
Bei manchen Projekten ergibt sich diese Information erst im Verlauf der Entwicklung, bei anderen liegt es wieder von Anfang an auf der Hand – beispielsweise ist es klar, dass Elektronik-Komponenten, die in Fahrzeugen eingebaut werden, entsprechenden Normen genügen müssen, um angeschlossen und betrieben werden zu dürfen.
Aus der Notwendigkeit der Erfüllung spezieller Normen ergeben sich Anforderungen an das Design, die auf den ersten Blick nicht mit der Funktion in Verbindung stehen und daraus ergeben sich wiederum Richtlinien für die Wahl von Bauteilen oder der technischen Umsetzung.
Eine rechtzeitige Beantwortung dieser Frage erspart Ihnen also Umwege und damit Zusatzkosten in der Realisierung und Zulassung.
Unabhängig davon müssen nahezu alle Produkte eine CE-Konformität erfüllen, in deren Erstellung unter anderem das Ergebnis der Frage nach Normen und Prüfungen einfließt
Sind Wartungen oder Reparaturen vorgesehen?
An dieser Stelle steht die Frage, ob Wartungen oder Reparaturen explizit vorgesehen sind.
Stellen Sie sich ein Produkt vor, von dem bekannt ist, dass nach einer gewissen Zeit ein Bauteil ausgetauscht werden muss (z.B. eine Batterie einer Notstromversorgung) und das Produkt entsprechend darauf hin entwickelt sein muß (z.B. durch das Gehäuse, die Wahl der Kontakte).
Wenn dieser Fall besteht, sollte auch gleich definiert werden, wer unter welchen Umständen und mit welchen Materialien diese Wartungen bzw. Reparaturen durchführen darf.
Sind Individualisierungen, Updates oder Upgrades vorgesehen?
Bei manchen Produkten ist es vorgesehen, dass Anpassungen für oder bei dem Kunden vorgenommen werden.
Beispielsweise wenn ein Produkt in verschiedenen Versionen ausgeliefert werden kann und der Kunde nachträglich die Möglichkeit haben soll, zusätzliche Optionen zu erhalten.
Oder ein Produkt wird seitens der Software als update-fähig designt, so dass vielleicht beim Kunden Sicherheits-Updates oder ein Hinzufügen von Features stattfinden kann.
Falls einer der Fälle vorliegt, sollte intern die Frage beantwortet werden, wer unter welchen Voraussetzungen wie und wo derartige Updates oder Upgrades vornehmen kann.
Welche (Produktions-)Stückzahlen kann das elektronische Gerät haben?
Die Größe der zu erwartenden Produktionscharge fließt in der Wahl der technischen Lösung ein.
Bestimmte technische Lösungen sind für kleine Losmengen effizient, diese sind dann meist aber bei großen Stückzahlen zu teuer und damit zu ineffizient.
Andere technische Lösungen sind für große Produktionsmengen ausgelegt, dafür aber erste ab einer bestimmten Mindeststückzahl überhaupt praktikabel.
Aus diesem Grund sollte bereits zu Projektbeginn eine grobe Schätzung der zu erwartenden Stückzahlen vorliegen.
Dabei kommt es nicht auf die genaue Zahl an, sondern eher auf die Zehnerpotenz.
Erfahrungsgemäß raten wir dabei allerdings immer dazu, wirklich halbwegs gesicherte Zahlen zu hinterlegen. Also weniger die Wunschvorstellung der totalen Marktherrschaft zu kalkulieren, als eher die Menge, von der man wirklich ausgehen kann
Welche Produktlebensdauer soll das Elektronik-Produkt haben?
Als Produktlebensdauer definieren wir die Zeit von Produktion eines Gerätes bis dessen Austausch/Entsorgung.
Je nach Branche und Anforderungen können sich auch die Notwendigkeit von Wartungen oder Reparaturen ergeben.
Auch diese Umstände sollten vor Projektstart bekannt sein, um bei der Entwicklung der Elektronik auf die richtige technische Lösung setzen zu können.
Welche Produktlebenszeit soll das Elektronik-Produkt haben?
Als Produktlebenszeit verstehen wir die Zeit der Einführung des neuen Produktes in den Markt bis zu dessen Ablösung durch ein Folgeprodukt.
Je nach Branche oder Anwendungsbereich kann diese Zeit eher verhältnismäßig kurz sein (z.B. Modeartikel) oder auch lang (z.b. sicherheitsrelevante Systeme, die eine Langzeit-Liefergarantie verlangen).
Das Wissen um diese Eigenschaften des zu entwickelnden Produktes fließt an verschiedensten Stellen in den Entwicklungsprozess ein.
Zum Beispiel bei der Wahl der Bauteile – eher moderne, preiswerte Bauteile, von denen man aber weiß, dass die Verfügbarkeit nicht lange garantiert sein wird – oder eher althergebrachte Bauteile, von denen man weiß, dass die Verfügbarkeit auch noch in >10 Jahren garantiert sein wird.
Welcher Marktpreis wird für das Produkt angestrebt?
Hinter dieser Frage steht die Schätzung mit welchem Verkaufspreis Sie ihr Produkt direkt oder an ihren Vertriebspartner abgeben wollen.
Bei Kombimodellen, wie z.B. ein Abo mit mitgelieferter Hardware sollte dieser Wert durch die Produktlebensdauer beim Kunden ermittelt werden.
Dieser Wert ist in Kombination mit den zu erwartenden Stückzahlen wichtig, um einen Überblick über das Verhältnis Investition (also Entwicklung), Produktion zur Amortisation zu bekommen.
Bei vielen kleinen Entscheidungen, wie z.B. soll das Produkt durch höhere Entwicklungskosten auf geringere Produktionskosten getrimmt werden oder macht das keinen Sinn – ist das Wissen um die Marktsituation hilfreich.
Welchen Produktionspreis darf das Produkt haben?
Aus betriebswirtschaftlicher Sicht würde man schnell antworten: So preiswert, wie es nur geht.
Allerdings erfordern geringere Produktionskosten nahezu immer höhere Investitionen in der Entwicklung bzw. Produktions-Vorbereitung.
Daher ergibt sich immer eine Entscheidung, die im Verhältnis zu den Mindeststückzahlen und zum Marktpreis stehen.
Aus Erfahrung empfehlen wir immer bei Serienprodukten ein Verhältnis anzustreben, bei dem der Verkaufspreis ein Mehrfaches des Produktionspreises sein kann.
Sicher gibt es auch Projekte, bei denen dieses Verhältnis nicht einzuhalten ist – hierbei handelt es sich aber oft um sehr teure Nischenprodukte oder Einzelanfertigungen.
Zur Machbarkeit des von Ihnen angedachten Produktionspreises werden Sie eine Rückmeldung vom Elektronik-Entwickler Ihrer Wahl erhalten.
Wir empfehlen dringend, ein Projekt nicht zu starten, bevor die Kennzahlen Produktions-Losmenge – Produktionspreis – Verkaufspreis zusammenpassen.
Oftmals ergibt sich bei näherer Betrachtung in diesen Fällen eine Möglichkeit, das Produkt anders zu kalkulieren und zu plazieren, indem man auf bestimmte Features verzichtet oder diese anders gestaltet.
Wie sollte der Zeitrahmen der Projektrealisierung aussehen?
An dieser Stelle können bereits Meilensteine definiert werden. z.b. als Terminwunsch der Fertigstellung des ersten Prototypen.
Sicher hängt die Realisierbarkeit der Terminwünsche von den mitwirkenden Gewerken ab, allerdings ist es immer gut zu wissen, wenn bestimmte Punkte für den Kunden relevant sind (z.B ein Messetermin)
Wann startet die Projektentwicklung offiziell?
Auch diese auf den ersten Blick trivial erscheinende Frage hat einen wichtigen Hintergrund.
Wenn Sie definieren können, wann der offizielle Projektstart, also der Start der Entwicklung ist, können Sie wesentlich effektiver Dienstleister suchen und aufeinander abstimmen.
Denn wie sicherlich nachvollziehbar ist, ist nicht jeder Dienstleister oder Zulieferer jederzeit frei, ein rechtzeitiges Abstimmen kann Ihnen daher die Einhaltung Ihrer Terminvorstellungen deutlich erleichtern.
Welche Eigenschaften lassen sich in Form einer Checkliste abprüfen?
Eine Checkliste für die zu erfüllenden Eigenschaften eines Produktes ist sehr hilfreich, um die Qualität eines Produktes zu sichern und sich auch bei der Entwicklung auf die wesentlichen Eigenschaften zu konzentrieren.
Des weiteren hilft eine Checkliste auch dabei potentielle Probleme oder Missverständnisse mit Dienstleistern oder Zulieferern zu vermeiden.
Nicht zuletzt kann eine Checkliste in geänderter Form für die Qualitätssicherung der Produktion verwendet werden.
Wir empfehlen daher gern, sich zu Beginn einer Produktentwicklung auch bereits dem Thema prüfbare Eigenschaften zu beschäftigen.
Als Beispiel könnte man die minimale und maximale Versorgungsspannung, abprüfen, unter der ein Produkt funktionieren soll, wenn diese Eigenschaft für den Gebrauch und den Kundenkreis von Relevanz ist.
Checklisten sind ein gutes Hilfsmittel, um die Qualität eines Produktes oder die Erfüllung einer Entwicklungsdienstleistung möglichst objektiv zu erfassen und sollten daher zu jeder Produktentwicklung gehören.
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